Rede von Dr. Sebastian Rohe im Rat vom 15.04.2024
Wohnungen sind in Deutschland Mangelware und entsprechend steigen die Mietkosten in unserem Land seit Jahren. Die Metropolen sind besonders betroffen, aber auch mittelgroße Städte wie Oldenburg.
Besonders knapp sind Sozialwohnungen. Anfang diesen Jahres schätzte das Pestel-Institut, dass in Deutschland gut 900.000 Sozialwohnungen fehlen. Die Bundesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, das jährlich 400.000 neue Wohnungen geschaffen werden sollen. Tatsächlich wurden 2023 allerdings nur rund 260.000 Wohnungen fertig und auch in diesem Jahr wird der Wert voraussichtlich nicht viel stärker ansteigen. Die Gründe für dieses Problem sind vielfältig und entsprechend braucht es eine ganze Reihe unterschiedlicher Maßnahmen, um eine Lösung zu finden. Die Entwicklung der Vergangenheit zeigt aber auch klar: Der Markt allein wird nicht ausreichend Wohnungen bereitstellen, besonders im aktuellen Marktumfeld mit den hohen Zinsen.
In Oldenburg nutzen wir ebenfalls bereits eine ganze Reihe politischer Maßnahmen, um insbesondere mehr bezahlbaren Wohnraum zu bekommen. Ein Beispiel sind unsere Quotenregelungen zum bezahlbaren Wohnraum in neuen Bebauungsplänen. Dennoch zeigt auch der aktuelle Wohnungsmarktbericht, dass in den letzten Jahren die sogenannte „Wohnungsversorgungsquote“ fast immer unter dem Zielwert für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt lag und dass die durchschnittlichen Mietpreise in den letzten Jahren stark angestiegen sind.
Daher haben wir GRÜNEN, gemeinsam mit der SPD, uns in unserem Bündnispapier die Gründung einer städtischen Wohnungsgesellschaft als ein zentrales Vorhaben für diese Ratsperiode vorgenommen. Als ersten Schritt haben wir mit dem Bündnispartner ein gemeinsames Papier erarbeitet, das die Ziele der neuen Wohnungsgesellschaft aufführt. Das Fundament bilden dabei die 55 Wohneinheiten, die die Stadt aktuell bereits verwaltet. Die Wohnungsgesellschaft soll diese optimal bewirtschaften und gleichzeitig neuen Wohnraum schaffen, indem etwa die wertvollen städtischen Flächen von der kommunalen Wohnungsgesellschaft selbst bebaut werden. Damit erhalten wir auch noch mehr direkten Einfluss auf die ökologische, soziale und stadtplanerische Umsetzung. Auf dem Fliegerhorst haben wir durch einen früheren Antrag bereits einen Teil der Grundstücke für die städtische Wohnungsgesellschaft zurückgehalten. Aber, und das ist uns GRÜNEN besonders wichtig: Die Gesellschaft könnte Bestandsimmobilien erwerben, sanieren und vermieten. Bislang diskutieren wir hier regelmäßig im Rat, wenn schöne Häuschen und Gärten in Siedlungen aufgekauft, abgerissen und durch riesige „Klötze“ ersetzt werden. Wir überarbeiten die B-Pläne schon mit deutlich mehr Tempo, um diese Entwicklungen besser zu lenken. Aber mit einer eigenen Wohnungsgesellschaft hätten wir ein weiteres Mittel an der Hand: Wieso nicht als Kommune solche Bestandsimmobilien kaufen und dann mit ökologischen und barrierefreien Sanierungen, Wohnungsteilungen oder Ausbauten neue beispielhafte Maßstäbe für die quartiersverträgliche Nachverdichtung setzen?
Im zweiten Schritt beauftragten wir Anfang letzten Jahres ein Gutachten, das aus juristischer Perspektive untersucht hatte, in welcher Gesellschaftsform sich das Vorhaben einer Wohnungsgesellschaft am besten darstellen lässt. Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass zunächst der städtische Eigenbetrieb für Gebäudewirtschaft und Hochbau (EGH) um eine Wohnungsabteilung erweitert werden sollte. Der EGH kümmert sich bislang zum Beispiel um Sporthallen und Schulgebäude in unserer Stadt. Das halten wir für sinnvoll.
Besonders freut uns natürlich, dass unser Vorschlag hier im Rat auf fruchtbaren Boden gefallen ist, finanzielle Überschüsse der Stadt nicht in eine Stadion-GmbH zu geben, sondern in den EGH, als Startkapital für die neue Wohnungsgesellschaft. Die Zinsersparnis können wir so direkt in bezahlbaren Wohnraum investieren. Die Details dazu werden wir in den nächsten Haushaltsgesprächen sicher genau besprechen.
Mit dem jetzt vorliegenden Änderungsantrag von GRÜNEN und SPD gehen wir den dritten Schritt und machen bei dem Thema Tempo: Durch unseren Antrag erarbeitet der EGH nun eine Business-Planung und bereitet parallel eine Änderung seiner Betriebssatzung und Betriebsorganisation vor. Dadurch soll der EGH schon im nächsten Jahr operativ in die Lage kommen, günstigen Wohnraum in Oldenburg zu schaffen.
Die Wohnungsgesellschaft ist sicher kein Allheilmittel, welches im Alleingang und kurzfristig die Mieten in Oldenburg schlagartig senken wird. Wir blicken mit einer langfristigen Perspektive auf dieses Projekt. Wenn wir jetzt ein Fundament legen, können wir Jahr für Jahr und Stück für Stück den städtischen Wohnungsbestand erweitern und somit immer mehr in die Lage kommen, soziale, ökologische und stadtplanerische Ziele mit einer aktiven Wohnungspolitik gestalten zu können. Lassen Sie uns auf diesem Weg heute gemeinsam den nächsten Schritt gehen, damit wir in Oldenburg bald etwa 230 anderen Städten in Deutschland gleichziehen und eine Wohnungsgesellschaft im kompletten städtischen Eigentum an den Start bringen.