Antrag

Auftragsvergabe und Beschaffung in der Stadt Oldenburg – umweltgerecht, sozial und wirtschaftlich

Zu den nächsten Sitzungen von ASUK, VA und Rat bitten wir um Aufnahme des Tagesordnungspunktes 

Auftragsvergabe und Beschaffung in der Stadt Oldenburg umweltgerecht, sozial und wirtschaftlich 

2022 hat die Stadt Oldenburg ein Nachhaltigkeitsleitbild verabschiedet. Darin findet sich u.a. das Leitmotiv: "Die Stadt Oldenburg beschafft und handelt ökologisch und sozial verantwortungsvoll." Dieses Leitmotiv gilt es nun konkret umzusetzen. 

Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt, ein Gesamtkonzept für eine nachhaltige Beschaffung in der Stadt Oldenburg zu erstellen und vorzustellen und jährlich über das Erreichte zu berichten.

Für die Auftragsvergabe und Beschaffung der Stadt Oldenburg und aller kommunalen Eigenbetriebe sollen verbindliche Nachhaltigkeitsstandards mit konkreten Kriterien, Zielen und Zeitrahmen für die Umsetzung festgelegt werden. Die Standards sollen in einem Beschaffungshandbuch zusammengefasst und allen für Beschaffung zuständigen Mitarbeiter:innen mit einheitlichen Dienstanweisungen zur Verfügung gestellt werden. Die Aufgabenverteilung zwischen zentraler Beschaffungsstelle und dezentraler Beschaffung soll überprüft und angepasst werden. Jährlich sollen neue Ziele gesetzt werden. Die Standards sollen u.a. beinhalten:

  • Produkte aus Kinderarbeit sind auszuschließen. Zudem soll bei der Beschaffung nicht-heimischer Produkte die Einhaltung aller Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO), wie Beseitigung der Zwangsarbeit, Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen sowie Normen der Arbeitssicherheit geachtet werden.
  • Waren, die generell oder jahreszeitlich bedingt nur als Importware aus Ländern des globalen Südens zur Verfügung stehen, sollen grundsätzlich aus fairem Handel beschafft werden, sofern ein entsprechendes Angebot verfügbar ist. 
  • Energieverbrauchsrelevante Waren, Geräte, Maschinen und Fahrzeuge sollen der höchsten Energieeffizienzklasse im Sinne der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung entsprechen. 
  • Bei der Beschaffung von Lebensmitteln soll für Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen der Stadt Oldenburg (Schulmensen, Kitas, Kantinen, Klinikum etc.), beim Veranstaltungscatering, in der Konferenzverpflegung und auf Stadtfesten und Märkten ein Mindestanteil an ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln im Rahmen der Ernährungsstrategie festgelegt werden und als Kennzahl der Wareneinsatz von Bioprodukten im Verhältnis zum Gesamtwareneinsatz verwendet werden. Aus Klimaschutz- und gesundheitlicher Perspektive soll der Einsatz von Fleisch deutlich reduziert werden. Zudem soll möglichst auf regionale und saisonale Produkte zurückgegriffen werden. Es soll geprüft werden, wie regionale Produkte rechtskonform ausgeschrieben werden können und ein Regionalsiegel entwickelt und eingeführt werden kann. 
  •     Von der Kommune eingesetzte Pflanzsubstrate und Erden sollen torffrei sein.
  •     Von der Kommune eingekaufte oder in kommunalen Einrichtungen eingesetzte Produkte sollen mit dem Blauen Engel oder einem vergleichbaren Siegel gekennzeichnet sein. Papier und Papierwaren sollen aus Recyclingmaterial bestehen.
  •     Unternehmen, die wegen eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Lieferkettensorgfaltsgesetz zu einem Bußgeld verurteilt worden sind, sollen für mindestens 3 Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Begründung:

Die Beschaffung und Auftragsvergabe durch Bund, Länder und Kommunen hat in Deutschland ein Gesamtvolumen von jährlich rund 450 Milliarden Euro und macht damit etwa 13% des Bruttoinlandsprodukts aus. Der kommunale Anteil daran liegt bei knapp 60%. Daher kommt den Kommunen auch bei der Auftragsvergabe und Beschaffung eine hohe Verantwortung für die nachhaltige Entwicklung zu.

Auch die Stadt Oldenburg sollte ihrer Verantwortung als Auftraggeberin und Kundin für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 der Vereinten Nationen bestmöglich gerecht werden.

 „Eine nachhaltige Beschaffung bezeichnet die Berücksichtigung von umweltbezogenen und sozialen, aber auch von qualitativen und innovativen Aspekten unter Beachtung der Haushaltsgrundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen. Die Bedarfe sind so zu decken, dass die dafür benötigten Ressourcen nicht auf Kosten kommender Generationen verbraucht und in der Folge die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden“. So beschreibt eine Handreichung des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung vom 24.11.22 die Ziele der öffentlichen Beschaffung. 

Ein entsprechender Rechtsrahmen, der den unbestimmten Rechtsbegriff der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung nach § 110 NKomVG im Sinne der Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen eingrenzt, ist u.a. das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz, das Niedersächsische Klimaschutzgesetz oder das Niedersächsische Abfallgesetz. Diese genannten Rechtsnormen weiten den Wirtschaftlichkeitsbegriff eindeutig auf soziale und umweltbezogene Kriterien aus. Auch der nationale Rechtsrahmen definiert die Berücksichtigung umweltbezogener Kriterien als Grundsatz der öffentlichen Vergabe (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Vergabeverordnung, Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, etc.).

Um diesen Anforderungen und der besonderen Bedeutung der öffentlichen Beschaffung für die nachhaltige Entwicklung gerecht zu werden, ist es erforderlich, seitens der Kommune verbindliche Vorgaben für alle Dienststellen der kommunalen Verwaltung und die kommunalen Eigenbetriebe zu definieren. Mit den oben genannten Standards formuliert der Rat Leitplanken, die jedoch seitens der Verwaltung – etwa im Rahmen einer Innenverfügung - konkretisiert werden sollten.

Mit freundlichen Grüßen

für die Fraktion B90/Die Grünen                                                    für die SPD-Fraktion

Dr. Alaa Alhamwi                                                                               Paul Behrens

Ruth Drügemöller                                                                              Vally Finke

Andrea Hufeland                                                                                Thomas Klein

Maik Niederstein, 

Dr. Sebastian Rohe 

Thorsten van Ellen