Pressemitteilung

Grüne für Schutz der Bürger vor gesundheitsschädlichem Lärm

In der Umweltausschusssitzung vom 12.02.2015 wurde ein Prüfauftrag der Grünen bezüglich der Ausweitung von Geschwindigkeitsreduzierungen mehrheitlich abgelehnt. Fraktionssprecher Sebastian Beer: „Leider hat sich die SPD nicht darauf besonnen, was in unserer Vereinbarung zur Zusammenarbeit steht. Dort heißt es, zumindest bei Nacht seien Tempolimits von 30km/h zu berücksichtigen.“ Der Antrag der Grünen war gemeinsam mit einem Antrag der SPD im Rahmen der Beratung des Lärmaktionsplanes behandelt worden. Die Lärmaktionsplanung basiert auf der europäischen Umgebungslärmrichtlinie aus dem Jahr 2002. Die Europäische Kommission versteht Umgebungslärm als eines der größten europäischen Umweltprobleme. Daher sind Ballungsräume mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verpflichtet, eine Lärmkartierung sowie eine Lärmaktionsplanung durchzuführen. Der Vorschlag der Verwaltung, dabei auch Tempo 30 an fünf Abschnitten der Hauptverkehrsstraßen einzuführen, wurde von SPD und CDU abgelehnt. Stattdessen sehen beide Parteien vor, die angestrebte lärmmindernde Geschwindigkeitsreduzierung lediglich auf einem Teilabschnitt der Hundsmühler Straße im Testbetrieb mit aufwändiger und kostenintensiver Messung durchzuführen. Es ist sehr fraglich, dass es überhaupt zu der Maßnahme auf der genannten Bundesstraße kommt. Die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hat bereits ihre ablehnende Haltung zu der Temporeduzierung mitgeteilt. Die Bündnis-Grünen sprechen sich dafür aus, die Aufenthaltsqualität im Freien zu verbessern. „Diese wird insbesondere durch Lärm stark beeinträchtigt“, so Sascha Brüggemann, Mitglied im Verkehrsausschuss. Die hier ebenfalls geforderte Geschwindigkeitsbegrenzung bei Nacht, erklärt Brüggemann, sei besonders wichtig, um die nächtliche Lärmbelastung der Oldenburgerinnen und Oldenburger auf möglichst niedrigem Niveau zu halten und die nötige nächtliche Erholung zu gewährleisten. Mit ihrer Meinung stehen die Grünen nicht allein. Auch der Verkehrsclub Deutschland e.V. sieht erhebliche Vorteile in der Einführung von Tempo 30. Gefahrensituationen könnten besser wahrgenommen und Unfälle vermieden werden, der Anhalteweg verkürze sich von 28m bei Tempo 50 auf nur 13m bei Tempo 30. Neben verkehrlichen Aspekten zählen auch Vorteile für die Umwelt zu den Argumenten des Verkehrsclubs. Tempo 30 sorge eben auch für erhebliche Lärmminderung. „50 Autos, die mit Tempo 50 unterwegs sind, machen so viel Lärm wie 100 Autos die Tempo 30 fahren“, heißt es auf der Homepage. „Die zulässige Höchstgeschwindigkeit hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung von Verkehrslärm“, heißt es weiter. Dabei geht es nicht nur um Motoren-, sondern auch um Reifen-Fahrbahn-Geräusche, die bei 50km/h sogar als Haupt-Schallquelle gelten. Die Absenkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30km/h reduziert die Lärmemissionen der Fahrzeuge um rund 2 bis 3 dB(A) im Mittelungspegel. Eine Absenkung um 3 dB(A) wird von den Menschen wie die Halbierung der Verkehrsmenge wahrgenommen. Dass sich die Mehrheit des Oldenburger Rates querstellt, ist für Umweltausschussvorsitzende Sinje Eichner ein Rätsel: „Selbst in Städten wie Berlin und München gilt heute Tempo 30 auf 80 bzw. 75% des Straßennetzes. Auch andere Städte Niedersachsens haben Tempo 30 auch außerhalb von Nebenstraßen eingeführt, etwa Göttingen, Braunschweig und Celle.“ Dabei ist die Argumentation der CDU, Tempo 30 würde zu erheblichen Verzögerungen im Individualverkehr führen, aus der Luft gegriffen. Tests, wie etwa in Edinburgh, wo die Geschwindigkeit von 30 Meilen auf 20 Meilen reduziert wurde, ergaben, dass Autofahrer nur durchschnittlich 25 Sekunden länger unterwegs waren. Eine Untersuchung europäischer Großstädte ergab zudem, dass die Durchschnittgeschwindigkeit in München ohnehin 32km/h, in Berlin sogar nur 19km/h betrage. Auch was die Feinstaubbelastung angeht, können Geschwindigkeitsbegrenzungen wirken. In Berlin etwa sorgte der Schritt zu Tempo 30 auf einer gemessenen Hauptverkehrsstraße um einen Rückgang der Feinstaubimmissionen von 6 Prozent. Die Konzentration von Stickstoffdioxid sank um 10 Prozent. Der VCD fordert daher, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts einzuführen. Das Europäische Parlament spricht eine gleichlautende Empfehlung aus. Abschließend ergab eine weitere Studie bezüglich der Einstellungen von Bürgerinnen und Bürgern, dass 87% der Befragten vor der eigenen Haustür Verkehrsberuhigung wünschen. Nach ein paar Autominuten ist jedoch bald vergessen, dass auch an anderer Stelle in der Stadt Menschen wohnen, die ähnliche Wünsche haben. Der niederländische Verkehrsplaner Hans Mondermann stellte fest, dass Autofahrer schon 5 Minuten, nachdem sie ihren Aufenthaltsort verlassen haben, Geschwindigkeiten von über 60 km/h akzeptieren. „Da die Kommunen verpflichtet sind, die Bevölkerung vor Lärm zu schützen, haben sie auch passive Maßnahmen zur Lärmminderung zu berücksichtigen und dafür Gelder bereitzustellen“, betont Beer. Ein Wegfall von Tempo 30 an den am stärksten von Lärm betroffenen Straßenabschnitten zöge Aufwendungen in zweistelliger Millionenhöhe für den städtischen Haushalt nach sich. Eine detaillierte Aufstellung dieser Kosten werde von der grünen Ratsfraktion für den nächsten Umweltausschuss gefordert.