Blogeintrag

Bezahlkarte diskriminiert Geflüchtete

Geflüchtete sollen Leistungen über eine sogenannte Bezahlkarte erhalten. Statt mit Bargeld können sie nun mit dieser Karte zahlen. Eine entsprechende Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes ist am 16. Mai 2024 in Kraft getreten. 

Die stellv. Sprecherin der GRÜNEN Ratsfraktion, Ingrid Kruse, hält dem entgegen: „Mit der Bezahlkarte setzt der Bund ganz konkret AfD-Politik um.“ Die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete in Deutschland steht in der Kritik. Zwei Gerichte haben unlängst Asylsuchenden Recht gegeben, die gegen diskriminierende Bestimmungen der Bezahlkarte geklagt hatten.

In Oldenburg, soweit ist klar, da sind sich das Amt für Zuwanderung und Integration und die GRÜNEN Fraktion einig, ist gar keine Bezahlkarte nötig, denn geflüchtete Menschen bekommen in Oldenburg innerhalb weniger Tage eine eigene Bankverbindung, auf die die Stadtverwaltung die entsprechenden Geldbeträge überweist. „Eine Bezahlkarte würde für die Stadtverwaltung einen zusätzlichen Mehraufwand bedeuten und der ist nicht nötig“, hebt Ingrid Kruse hervor. Darüber hinaus sei die Bezahlkarte für Geflüchtete entmündigend, stigmatisierend und diskriminierend.

Die GRÜNEN Landtagsabgeordnete Lena Nzume hat in Kooperation mit IBIS e.V. zu einer Veranstaltung eingeladen, die über das Für und Wider einer Bezahlkarte für Geflüchtete informierte. Als Gesprächspartner:innen waren Djenabou Diallo-Hartmann, Sprecherin für Migration, Geflüchtete und Antirassismus Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Landtag, Daniel Stellmann, Amtsleiter Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg, Ingrid Kruse, Vorsitzende des Ausschusses für Integration und Migration, Christine Jochem, Bündnis 90/Die GRÜNEN im Stadtrat von Hannover, Muzaffer Öztürkyilmaz, Flüchtlingsrat Niedersachsen, Ilyas Yanc, Vorsitzender Yezidisches Forum Oldenburg e.V. und Dagmar Alphéus von IBIS e.V.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Perspektiven und die Auswirkungen einer Bezahlkarte mit Bargeldobergrenze. Ziel der Veranstaltung war es einen Raum für den Austausch über die praktischen und sozialen Auswirkungen der geplanten Bezahlkarte zu bieten. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Diskussion über die Ausgestaltung der Bezahlkarte sowie der Vorstellung von Best-Practice-Beispielen, wie der „Social Card“ in Hannover, die seit Dezember 2023 erfolgreich im Einsatz ist.

Be­für­wor­te­r:in­nen versprechen sich von der Karte Bürokratieabbau und die Unterbindung von Zahlungen an Verwandte im Ausland. Belastbare Zahlen, wie viel Geld Asylsuchende tatsächlich ins Ausland verschicken, gibt es nicht. Kri­ti­ke­r:in­nen sehen in der Karte darum vor allem schikanierende Symbolpolitik.

Die niedersächsische Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, „Rassismus mit aller Kraft“ zu bekämpfen, und versprochen, „dass alle ankommenden Geflüchteten in Niedersachsen gleich behandelt werden und ihnen möglichst schnell ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird.“ Nach Einschätzung eines zivilgesellschaftliches Bündnisses von bislang 40 Initiativen und Organisationen droht mit der Bezahlkarte jedoch das genaue Gegenteil: Systematische Diskriminierung und Ausgrenzung von Geflüchteten anstatt Chancengleichheit und gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe.

Der Beschluss der Bundesregierung, eine Bezahlkarte einzuführen, folgt auf eine massive Kampagne von Rechts gegen Geflüchtete, die den Eindruck vermittelt, die Menschen würden allein deshalb nach Deutschland kommen, um hier von Sozialleistungen zu leben. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass die Hoffnung auf Rechtsstaatlichkeit, einen Arbeitsplatz und das Vorhandensein von Familie und Freund:innen entscheidend dafür sind, welches Land Menschen zu erreichen versuchen.

Wer vor Krieg und Gewalt flieht, wird sich nicht davon abhalten lassen, weil es in Deutschland eine Bezahlkarte gibt. Die Bezahlkarte wird ihren vorgegebenen Zweck nicht erreichen, Geflüchtete jedoch in essenziellen Lebensbereichen diskriminieren. Sie ist Ausdruck einer populistischen Symbolpolitik, die Schutzsuchende weiter ausgrenzt, diskriminiert und kontrolliert.

Bei der nächsten Sitzung des Integrationsausschusses am 10.09.2024 um 17 Uhr (Industriestraße 1d) steht das Thema Bezahlkarte auf der Tagesordnung.